Gemischte Gefühle begleiteten mich heute. Es war anders als sonst. Ich wusste, dass heute meine letzte Etappe bevorstand, die letzte Etappe auf der großen Tour meines Lebens. Wenn ich in Vitte, dem Hauptort des Seebades Hiddensee, eingetroffen bin, werde ich insgesamt ca. 1700 km im Kanu zurückgelegt haben auf meiner Paddel-Tour quer durch Deutschland.
Viele Gedanken schossen mir durch den Kopf. Ich rief meine komplette große Kajak-Reise nochmals in Erinnerung und mir fielen drei, vier markante „Highlights“ ebenso ein wie drei, vier Begebenheiten, die mich sehr strapaziert, mir richtig an die seelische wie physische Kraft gegangen sind, die ich aber schließlich gut bewältigt habe.
markante Highlights:
Hiddensee erreicht, das große Ziel auf der Tour meines Lebens
Es war eine faszinierende Überfahrt mit dem Kanu vom Festland auf die Insel Hiddensee. Das war ein Kanu-Tag, der mich richtig glücklich gemacht hat.
Ich habe Hiddensee, das große Ziel auf der Tour meines Lebens erreicht – einen Tag früher als geplant. Dort habe ich meine Frau getroffen. Die schon lange im voraus gebuchte Ferienwohnung war noch frei und wir konnten dort sogar einen Tag früher einziehen.
Im Zeitraum vom 24. Mai bis zum 22. August 2023 habe ich dabei insgesamt 1658 Flusskilometer zurückgelegt.
Jemand hat seine schützende Hand über mich gehalten
Irgend jemand hat seine schützende Hand über mich gehalten – davon bin ich fest überzeugt. Mir ist nicht Schlimmes passiert, kein Unfall oder dergleichen.
In meiner misslichen Lage mit einem Leck im Bootsheck habe ich viele hilfsbereite, freundliche Menschen kennengelernt, das ist heutzutage ja schon etwas Besonderes.
Nur ein „Fast-Unfall“ auf der Wanderung durch den Frankenwald. Der Fahrradweg verlief auf einer stark befahrenen Straße. Rechtskurve. Der Autofahrer hinter mir war viel zu schnell und sah mich deshalb zu spät. Ich zog mein Kajak an den Straßenrand und rettete mich durch einen Sprung in den Straßengraben.
Viele hilfsbereite freundliche Menschen
Ein weiteres Beispiel:
Als ich gestern am Strand von Vitte ankam, half mir eine Frau beim Umbau meines Kajaks in mein Amphibienfahrzeug. Ein mir völlig unbekannter Mann schob mein Fahrzeug, als die Räder im Sand des Strandes stecken geblieben sind, ca. 100 Meter den Berg hinauf, bis ich auf einem bepflasterten Fußweg war und meinen „Kajak-Bollerwagen“ wieder alleine ziehen konnte.
fantastischer Ritt auf dem Kajak
Stürmischer Westwind sorgt für einen fantastischen Ritt auf dem Kajak
siehe hierzu
Schöner kann Kajak fahren nicht sein.
Ich halte mein Paddel fest in der Hand, denn ich spüre die Wucht des Sturmes in meinem Rücken. Eine ausgeprägte Sturmlage über Mecklenburg-Vorpommern lässt mein Adrenalin hochschnellen. Es geht exakt von West nach Ost, schnurgerade von Canow nach Priepert.
Ich sitze fest auf einer Welle, die mich mit einem irrsinnigen Tempo vorwärts bringt. Es dauert bestimmt 15 Sekunden, bis sie mich loslässt. Im Heck meines Bootes spüre ich, dass schon die nächste Welle anrollt. Und diese spült mein Boot weiter, weiter gen Osten, nach Priepert.
Ich bin gesund geblieben, war keinen einzigen Tag krank.
Die vielen kräftezehrenden Umtragungen der Wehre auf der Donau und auf der Saale belasteten meinen Rücken sehr stark. Zum Glück besserten sich meine Kreuzschmerzen als die Wehre verschwanden und Schleusen die Weiterfahrt vereinfachten.
Ich stand auf die Gepäckwage
Apropos, ich habe mich heute Abend auf die digitale Gepäckwaage bei der Schifffahrtsgesellschaft „Weisse Flotte“ gestellt. Mich hat es selber interessiert, wie viel ich auf meiner Tour abgenommen habe. Am Tollensesee konnte ich dem Reporter vom Nordkurier nur sagen: „Ich habe jetzt schon das 3. Loch in meinen Gürtel gestanzt.“
Ich habe exakt 6 kg abgenommen. Ich wiege jetzt noch 68 kg. Genau genommen habe ich wohl noch mehr abgenommen, weil sich ja meine Muskeln auf der Tour stark aufgebaut haben.
Dank an die Leser meines Blogs für die vielen Rückmeldungen
Viele Rückmeldungen der zahlreichen Leser meines Blogs sind eingegangen, sei es durch Kommentare, oder auch durch Mails. Das hat mich riesig gefreut und mich motiviert. Dafür bedanke ich mich recht herzlich.
Mein Blog wird weiterhin gepflegt.
Begebenheiten, die mich sehr strapaziert, mir richtig an die seelische wie physische Kraft gegangen sind:
Durststrecken, Etappen, auf denen das Kajak gezogen werden musste
Denn auch wenn Deutschland wasserreich ist, gab es auch Durststrecken, auf denen das Kajak gezogen werden musste.
Dafür habe ich mir von einem befreundeten Feinmechanikermeister eine Lenkvorrichtung bauen lassen. So ging es 100 Kilometer durch den Frankenwald mit teilweise 12 Prozent Steigung. Da zählt jedes Kilogramm an Gepäck, das eingespart werden kann. Darum hatte ich nur das Nötigste dabei und habe zum Glück einen Freund dabei gehabt, der mich unterwegs mit dem Rad über den Frankenwald begleitete und dabei mein Gepäck transportierte.
Überquerung der Boddengewässer von Zingst bis Barhöft
Noch mehr als auf den Seen muss hier vor der Wellengefahr bei starkem Wind gewarnt werden. Auf den weiten, freien Wasserflächen stellen Wind und Wellen andere Anforderungen als auf stillen Flüssen und Kanälen. Nicht nur Mut, sondern auch Erfahrung und Verantwortungsgefühl sind dann gefragt.
Die Bodengewässer sind viel größer als die Seen in Deutschland (Ausnahme Müritz und Bodensee). Aus diesem Grunde haben die Wellen länger Zeit sich aufzubauen. Wenn sich die Windverhältnisse ändern, was auf dem Boddengewässer schnell der Fall sein kann, kann eine Welle gut 50 cm hoch werden. Kommt die Welle nicht von hinten, sondern von der Seite, ist die Gefahr des Kenterns für so ein kleines Boot wie ein Kajak groß.
Meine Tour auf den Boddengewässern Fischland-Zings-Darß verläuft von Westen (Punkt A Ribnitz-Damgarten) nach Osten (Punkt B Barhöft). Ich habe mir in den letzten Tagen allerlei Literatur über mögliche Gefahren auf den Boddengewässern durchgelesen und habe nun versucht, diese umzusetzen. Oberster Grundsatz für mich war, alle möglichen Gefahrenpotenziale so weit wie möglich zu reduzieren.
Es ist vielmehr immer besser mit dem Kajak unter Land zu fahren oder anders ausgedrückt, das Boot so nah wie möglich an der Küste zu bewegen. Wenn man allerdings zu nah an das Ufer kommt, könnte man vielleicht auf Grund laufen, weil die Gewässer hier nicht sehr tief sind…….
Ich hatte noch eine ganze Reihe von Schifffahrtskapitäne zu meiner bevorstehenden weiteren Boddentour befragt. Sie sagten mir, ich könne bedenkenlos entlang vom Ufer paddeln, weil wir aktuell Hochwasser auf den Boddengewässern hätten. Ich müsse deshalb nicht befürchten, am Ufer auf Grund zu laufen. Die starken Regenfälle in den letzten 2 Wochen seien die Ursache hierfür gewesen.
Viele kräftezehrende Umtragungen von Wehren
Drei Tage Knochenjob zwischen Ulm und Donauwörth
Zudem bereitete uns der kräftige Ostwind große Probleme. Wenn wir nicht vorwärts gepaddelt hätten, wären wir dadurch sogar wieder rückwärts die Donau hinauf katapultiert worden.
Die Tagesetappen von ca. 25 km bedeuteten für uns, ein Knochenjob von morgens bis abends, und nach dem Abendessen fielen wir hundemüde in unsere Zelte und schliefen durch bis zum frühen Morgen.